Änderungsgesetz zu erneuerbaren Energien verabschiedet
Eine Nachricht veröffentlicht in der Istanbulpost Nr. 23 Januar 2011 S. 7 (www.istanbulpost.net)
Nach jahrelangem Tauziehen ist am 29. Dezember 2010 die Änderung des Gesetzes über erneuerbare Energien verabschiedet worden. Neben einer Neufestsetzung der Abnahmepreise von Strom, der mit erneuerbarer Energie erzeugt wird, ist ein Fördermechanismus für den Einsatz von Technologie vorgesehen, die in der Türkei hergestellt wird.
Während die Verabschiedung des Gesetzes Erleichterung bei der Energiewirtschaft auslöst, sind die Umweltschützer jedoch empört. Ausgerechnet in das Gesetz über erneuerbare Energie eine Bestimmung einzubauen, die den Naturschutz aushebelt, wirkt sie makaber.
Neue Förderpreise für Strom aus erneuerbarer Energie
Die Ankaufspreise sind auf US-Dollar Basis festgelet und nach Energieträgern gegliedert. Für Wasser- und Windanlagen gilt ein Ankaufspreis von 7,3 Cent/kWh. Bei Geothermalenergie werden 10,3 Cent/kWh sowie bei Biogas- und Sonnenenergieanlagen 13,3 Cent/kWh vorgesehen.
Die festgesetzten Ankaufspreise für die verschiedenen Energieträger gelten bei Anlage, die bis zum 31. Dezember 2015 in Betrieb genommen wurden, für eine Dauer von 10 Jahren. Für danach erstellte Anlagen kan die Regierung andere Preise festlegen, die jedoch die bisherigen nicht übersteigen dürfen. Für Anlagen, die vollstädig oder teilweise aus in der Türkei hergestellten Komponenten bestehen, gilt für die Dauer von 5 Jahren nach Inbetriebnahme ein Aufschlag auf die festgesetzten Ankaufspreise. Demnach würde ein Photovoltaiksystem, dessen Kollektorzellen in der Türei hergestellt werden, mit 16,8 Cent/kWh den höchsten Abnahmepreis für erneuerbare Energie erzielen.
Bereits am 3. Dezember war ausserdem eine Verordnung zum Gesetz für erneuerbare Energien im Staatsanzeiger veröffentlicht worden die bei Anlagen, die für den Eigenbedraf gedacht sind, von bis zu 500 kWh Leistung eine Befreiung von der Lizenzpflicht vorsieht. Für Unternehmen wird zudem die Möglichkeit geboten, über den Eigenbedarf hinaus erzeugten Strom gemäss der Richtpreise für den Energieträger ins Netz einzuspeisen. Energieexperten verweisen darauf, dass ein Privathaushalt, der eine Windanlage aufstellt, die Kosten in drei bis vier Jahren amortisiert.
Naturschutz augehebelt
Die Novelle des Gesetzes sieht ausserdem vor, dass die Naturschutzbestimmungen keine Anwendung auf Projekte im Bereich erneuerbarer Energie finden. Der Hindergrund ist naheliegend: Zahlreich Staudammprojekte waren durch Einspruch der reionalen Räte für Landschafts- und Denkmalschutz gestoppt worden. Nicht zuletzt aufgrund dieser Einsprüche hatte die Regierung erwogen, die Zuständigkeit für diese Räte vom Ministerium für Kultur und Tourismus zum Ministerium für Umwelt zu überführen. Nun wurde eine Bestimmung in das Änderungsgesetz zu erneuerbaren Energien eigefügt, die zunächst übersehen wurde.
Zwar ist der Regierung damit ein Coup gelungen, doch stellt sich die Frage, ob es sich dabei nicht um einen Pyrrhussieg handelt. Mit grosser Wahrscheinlichkeit wird eine Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz erhoben werden. Da es um beträchtliche Investitionen geht, war Rechtssicherheit ein wichtiges Anliegen beim Erlass des Änderungsgesetzes. Wird es nun dem Verfassungsgericht vorgelegt, entsteht neue Rechtsunsicherheit. IP/ Ankara